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230 Jahre Neustädter Gestüte

Seit Jahrhunderten prägen Gestüte die Landschaften und die wirtschaftlichen Verhältnisse ihrer Regionen. Sie sind Identität vermittelnd und wichtige Faktoren zur nachhaltigen Regionalentwicklung, zum Erhalt von Traditionen, Fähigkeiten und Berufen.

Das Brandenburgische Haupt- und Landgestüt Neustadt (Dosse) stellt ein kulturhistorisches Erbe von unschätzbarem Wert dar und blickt auf über 230 Jahre Geschichte zurück. Die Entwicklung des Gestütes ist eng mit der Geschichte Brandenburg-Preußen verzahnt.

1662 Brandenburg-Preußen und Neustadt

Preussen
Die Entwicklung des Gestütes ist eng mit der Geschichte Brandenburg-Preußen verzahnt.

Brandenburgische Pferdegeschichte begann in Neustadt (Dosse) erst mit dem Landgrafen Friedrich II. von Hessen Homburg.

1662 ließ er die von vielen Flussarmen der Dosse durchzogenen Sumpfgebiete rund um die Stadt trockenlegen und in Wiesen verwandeln. Schon bald verkaufte er Pferde äußerst lukrativ an die kurfürstliche Reiterei.

1694 Preußisches Hofgestüt

1694 ging Neustadt und Umgebung über in den Besitz des Kurfürsten Friedrich III., des späteren Königs Friedrich I., und fiel somit an Brandenburg. Die Zuchtstätte wurde Hofgestüt. Dem äußerst sparsamen Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I. erschien es jedoch finanziell sinnvoller, Maultiere statt Pferde für die Armee zu züchten, ebenso hielt es sein Sohn, Friedrich der Große.
Sein Nachfolger, Friedrich Wilhelm II. liebte alles Schöne - so auch edle Pferde, die aber in Preußen nicht zu finden waren. Deshalb gab er 1788 Carl-Heinrich von Lindenau Order, das preußische Gestütswesen zu reorganisieren und somit zur Errichtung eines Gestüts in Neustadt (Dosse).

Eigentlich hätte Friedrich Wilhelm Besseres zu tun gehabt, als eine neue Zuchtanstalt zu gründen, deren Erfolg erst nach Generationen sichtbar werden konnte. "Zum Besten des Landes" hieß es damals in der entsprechenden Anordnung. Erfreulicher-
weise war das nicht als Phrase, sondern als Programm zur Wirtschaftsförderung gemeint. Ab sofort sollten Armeepferde aus eigener Zucht beschafft werden. Die in vorbildlicher Weise angekurbelte Nachfrage wirkte sich auch auf andere Zweige raus.

Neustädter Pferde wurden besonders für die Landwirtschaft gekauft. So hat die von diesem labilen König in schwierigen Zeiten gegründete Pferdezuchtanlage in der Prignitz die Jahrhunderte überlebt, während manch anderes, was mit starker Hand und viel Geld geschaffen wurde, im märkischen Sand verwehte.

1788 Die Gründung

Graf von Lindenau
Carl Heinrich August Graf von Lindenau (1755-1842)

König Friedrich Wilhelm II. und die preußische Pferdezucht

Friedrich Wilhelm II. (Regierungszeit 1786-1794) liebte alles Schöne, so auch edle Pferde, die er aber in Preußen nicht finden konnte. Sein junger Reiseadjutant Carl Graf von Lindenau, Kavallerieoffizier und Sohn eines sächsischen Oberstallmeisters, begeisterte den König von der Idee, Stammgestüte einzurichten, um mit erstklassigen Hengsten die bis dahin unattraktive bodenständige Pferdezucht zu kultivieren.

Dem "Landemanne" sollten ausgesuchte Deckhengste zur Verfügung stehen, um noble Pferde zu züchten. Friedrich Wilhelm II. gab deshalb Carl Heinrich August Graf von Lindenau Order, das preußische Gestütswesen zu reorganisieren.

Am 31. Juli 1787 signierte der König das entsprechende Gesetz "Zum Besten des Landes". Ein knappes Jahr später, am 26. März 1788, verfügte der Kriegs- und Domänerat Preußens, dass auf dem Areal des Maultiergestüts eine Zuchtanlage mit dem Namen "Friedrich-Wilhelm" zu errichten sei. 600 Morgen Land wurden für Wiesen und Weiden dem Oberstallamt überschrieben. Kurz darauf begann der sächsische Bauinspektor Glasewald das heutige Hauptgestüt für ca. 60 Mutterstuten und einen Kilometer entfernt das Kurmärkische Landgestüt, genannt Lindenau-Hof (heute Landgestüt) für ca. 100 Beschäler zu errichten. Beide Anlagen entstanden als rechteckige Höfe im klassizistischen Stil.

1789 Zuchtannalen

ein von einer Schlange umwundener Pfeil

Die Zeichen von Schnelligkeit, Klugheit und Gewandtheit sollten künftig alle in Neustadt gezogenen Pferde, symbolisiert durch das Brandzeichen, kennzeichnen.

Deshalb wurde auf königliche Order erstmalig ein Körzwang eingeführt und ein einheitliches Brandzeichen mit den Symbolen "Pfeil und Schlange" festgelegt.
Die bereits deckenden Hengste aus Trakehnen, Hannover, Mecklenburg und Frankreich reichten Graf von Lindenau nicht aus, um die Landeszucht zu veredeln, weshalb er 1789 dreizehn arabische Hengste mit in die Zucht aufnahm.

Schon zu Lebzeiten eine Legende, führten fast alle Zuchten in Deutschland das Blut des goldbraunen "Turkmainatti". Aber nicht nur dieser Hengst, sondern auch "Mocraby" und "Bayan" hinterließen in den Neustädter Zuchtannalen entscheidende Spuren.
"Bayans" bester Sohn, "Pretender", wurde für beachtliche 220 Louidor von einem englischen Pferdehändler gekauft und später für ein Vielfaches an Napoleon Bonaparte veräußert. Dieser gab dem ungewöhnlich schönen jungen Hengst den Namen "Sanspareille" (Ohnegleichen).

2000 Neustadt wird offiziell „Stadt der Pferde“

Im Januar 2000 übernahm Neustadt (Dosse) offiziell die Bezeichnung „Stadt der Pferde“ aufgrund der historischen Bedeutung des Gestüts. Heute sind das Haupt- und Landgestüt Imageträger der Pflege von Kultur und Tradition in Brandenburg. Als Zuchtstätte höchst erfolgreicher Sportpferde, etablierter Ausbildungs- und Veranstaltungsort sind die Neustädter Gestüte Anziehungspunkt von jährlich mehr als 45.000 Besuchern.